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Bahn protzt wieder mit großen Zahlen

Vandalismus

Graffiti kosten Bahn und BVG 15,4 Millionen Euro

Mittwoch, 24. Juni 2009 19:08 – Von Markus Falkner

Berlin ist Europas Graffiti-Hauptstadt – und das ist teuer: Bahn und BVG mussten 2008 insgesamt 15,4 Millionen Euro für die Beseitigung von Graffiti-Schmierereien ausgeben. Der größte Schaden entstand der S-Bahn.

Die Deutsche Bahn hat im Großraum Berlin im vergangenen Jahr 6,8 Millionen Euro für die Beseitigung von Vandalismusschäden ausgegeben. Damit sank die Schadenssumme gegenüber 2007 zwar um 700.000 Euro, im Bundesvergleich liegt Berlin aber immer noch auf Platz zwei hinter Nordrhein-Westfalen. Grund zur Entwarnung gibt es daher nicht, wie Klaus Kandt, Präsident der Bundespolizeidirektion Berlin, sagte. „Ein einmaliger Rückgang ist noch kein positiver Trend“, so Kandt. Susanne Kufeld, Sicherheitschefin der Deutschen Bahn in der Region, geht noch einen Schritt weiter. Gemessen an der Landesgröße und Einwohnerzahl sei Berlin nicht nur die Graffiti-Hauptstadt von Deutschland, sondern die von Europa. Vermehrt würden Fälle registriert, in denen Sprayer aus dem Ausland anreisen, um hier ihre Signaturen, die sogenannten Tags, zu hinterlassen.

500 Fälle von Graffiti-Schmierereien und 300 Fälle von sonstigen Vandalismusdelikten bearbeiten die Beamten der Bundespolizei Monat für Monat. Die Bandbreite der Zerstörung reicht von herausgerissenen oder aufgeschlitzten Sitzen, zerkratzten oder verätzten Scheiben bis zu entleerten Feuerlöschern. Der Schwerpunkt der Tatorte liegt im Stadtgebiet. Die meisten Taten ereignen sich in den Nächten von Donnerstag bis Sonntag. Am häufigsten trifft es Züge und Bahnanlagen der S-Bahn. Fünf Millionen Euro Sachschäden wurden allein dort im vergangenen Jahr verzeichnet.

Nicht besser ist die Situation bei der BVG. Die Verkehrsbetriebe mussten 2008 insgesamt 8,6 Millionen Euro für die Beseitigung von Vandalismusschäden ausgeben. Auch das sind zwar 300.000 Euro weniger als im Vorjahr, aber immer noch eine „unerhörte Zahl“, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Durch „hirnverbrannte und sinnlose“ Zerstörung gingen dem Unternehmen seit Jahren stabil mehr als acht Millionen Euro verloren, die es ansonsten in Leistungen für die Fahrgäste investieren könnte. Die gemeinsame Ermittlungsgruppe von Bundes- und Landespolizei führt den leichten Rückgang unter anderem auf verstärkten Ermittlungsdruck zurück. So würden Tags inzwischen akribisch dokumentiert, um sie bestimmten Tätern zuordnen zu können. Trotzdem werden längst nicht alle Sprayer gefasst, wie der Chef der Bundespolizei einräumt. Wie hoch die Aufklärungsquote ist, will Kandt nicht sagen, „sie könnte aber höher sein“.

Präventionszug am Ostbahnhof

Noch zu selten gelingt den Beamten ein Erfolg wie am vergangenen Sonnabend. In der Nacht war am Bahnhof Ludwigsfelde ein Regionalexpress der Bahn auf 70 Quadratmetern Fläche besprüht worden. Sachschaden allein dort: 15.000 Euro. Nur kurz darauf konnten die Ermittler die Tags identifizieren und mit einer Fahndung im Umkreis des Bahnhofs die neun mutmaßlichen Täter im Alter von 19 bis 22 Jahren dingfest machen.

Die Deutsche Bahn setzt im Kampf gegen Vandalismus, Gewalt und Unfälle neben verstärkter Ermittlung vor allem auf Präventionsarbeit. 5000 Berliner Schüler wurden seit dem vergangenen Jahr durch die Präventionsteams von Bahn und Bundespolizei informiert. Seit Mittwoch steht ein von der Schweizer Bundesbahn geborgter und umgebauter Präventionszug im Ostbahnhof. Schüler zwischen zehn und 15 Jahren sollen dort nicht nur für die Folgen von Vandalismus sensibilisiert werden, sondern auch für lebensbedrohliche Gefahren. Allein 2008 starben nach Bahn-Angaben bundesweit 40 Jugendliche durch falsches Verhalten auf Bahnanlagen. Meist unterschätzten sie die Gefahr durch die 15.000 Volt führenden Oberleitungen oder die Geschwindigkeit der Züge. Nicht selten verunglücken so Graffiti-Sprayer auf der Flucht vor der Polizei.

Am Sonnabend haben alle Berliner von 9 bis 14 Uhr Gelegenheit, den Präventionszug auf Gleis 1 des Ostbahnhofs zu besichtigen. Anschließend fährt der Zug der Kampagne „Fair und sicher unterwegs“ nach Rostock. Weitere Stationen sind Hamburg, Frankfurt/Main, Stuttgart und München.

Quelle: Berliner Morgenpost

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