Das Graffiti-Magazin Nr. 1 aus Berlin

Politik: Graffiti-Beauftragter für Berlin

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Achtung, Politik: Die Piraten werden im kommenden Plenum einen Antrag für einen Berliner Graffiti-Beauftragten stellen.
Dieser soll sich dann u.a. berlinübergreifend um die Bekanntmachung und Bereitstellung von Halls kümmern. (via)

Abgeordnetenhaus Berlin
Drucksache 17/2351
17.06.2015
17. Wahlperiode

Antrag

der Piratenfraktion

Raum für Kunst – Berlin bekommt eine/n Graffiti-Beauftragte/n

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

  1. Der Senat wird damit beauftragt, die Stelle einer bzw. eines Graffiti-Beauftragten für das Land Berlin zu schaffen, entweder in einer Vollzeitstelle oder idealerweise in zwei Teilzeitstellen.
  2. Diese Stelle ist mit Projektmitteln von 100.000 Euro jährlich für Personal und Sachmittel aus dem Einzelplan 03 des Landeshaushalts auszustatten.
  3. Die Stelle der bzw. des Graffiti-Beauftragten ist anzugliedern an einen Träger aus dem Bereich der freien Kultur, einen gemeinnützigen Verein oder eine Stiftung, den es in einer Ausschreibung zu ermitteln gilt.
  4. Der Senat wird damit beauftragt, ein Vergabegremium für die Ausschreibung eines Trägers sowie ein Vergabegremium zur Besetzung der Stelle einzurichten, unter jeweiliger Berücksichtigung von Fachexperten/-innen bei der Besetzung.
  5. Der Aufgabenbereich der bzw. des Graffiti-Beauftragten soll Folgendes umfassen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

    • Schaffung und Bekanntmachung legaler Wände

      • Akquise von legalen Wänden in Berlin, die zur freien Gestaltung gekennzeichnet werden
      • Erstellen eines Wandkatalogs und Veröffentlichung (Homepage, App, Flyer)
      • Vereinbarungen über dezentrale Wandpatenschaften mit lokalen Vereinen, Künstler/-innen, Träger
      • Zusammenarbeit mit dem Liegenschaftsamt zur Ermittlung der öffentlichen oder privaten Eigentümer/-innen akquirierter Flächen
      • Klärung der Müllentsorgung im Bereich der legalen Wände (z. B. OneWay-Boxen)
    • Beratungs- und Vermittlungsfunktion

      • Unterstützung bei der Suche nach Arbeitsräumen und Ateliers für Künstler/-innen
      • Öffentlichkeitsarbeit
      • Gremienarbeit
      • Vernetzung lokaler Akteure/-innen
      • Beratungs- und Vermittlungsfunktion (für Bürger/-innen, Behörden, Politik, Justiz etc.) z. B. über eine wöchentliche Sprechstunde
      • Koordinierung der Kommunikation zwischen Senats- und Bezirksverwaltungen, Künstler/-innen, Wohnungsbaugesellschaften und Kulturinstitutionen, Kommunikation mit Abgeordneten
    • Konzeptentwicklung

      • Konzeptentwicklung (z. B. für Graffiti & Kunst im öffentlichen Raum, Graffiti & kulturelle Bildung, Graffiti als Bestandteil von Bauplanungen und Wohnumfeldgestaltungen, alternative Graffiti-Politik

Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31.10.2015 zu berichten.

Begründung

Graffiti ist Kunst! Diese Auffassung ist längst nicht neu, sondern hat sich inzwischen weit über die Grenzen der Szene hinaus durchgesetzt. Viele der Künstler/-innen haben inzwischen Weltruhm erlangt und ihre Werke sind Teil des Stadtbildes und des Diskurses in Kultur, Stadtentwicklung und selbst als Wirtschaftsfaktor im Tourismus. Gleichzeitig stellt Graffiti in vielerlei Hinsicht jedoch auch noch eine Grauzone dar, da naturgemäß viele der Werke bis heute noch illegalisiert werden und von verantwortlichen Stellen eher als Sachbeschädigung denn als Bereicherung für den öffentlichen Raum wahrgenommen werden. Gerade im politischen Diskurs der Stadt Berlin spielt Graffiti häufig nur eine Rolle im Zusammenhang mit Strafverfolgung und Justiz. Das wird dieser Kunstform allerdings nicht gerecht.

Genauso wie die Graffiti-Kunst als künstlerische Ausdrucksform mit sozialräumlicher und integrativer Funktion identitätsstiftend wirkt und einen wichtigen wirtschaftlichen, öffentlich erfahrbaren und kommunikativen Faktor des sozialen Lebens in Berlin darstellt, sollten wir sie auch auf politischer Ebene behandeln. Wir plädieren daher für die Schaffung der Stelle einer bzw. eines Graffiti-Beauftragten, um ebenjene Funktionen stärker in den Vordergrund zu rücken und eine Schnittstelle zu schaffen, die die vielen Aspekte der Graffiti-Kultur integrieren und vermittelnd zwischen der Vielzahl beteiligter Akteure/-innen wirken kann – ob es um die Schaffung neuer, legaler Flächen geht oder eben um den kulturpolitischen Diskurs und die konzeptionelle Weiterentwicklung.

Berlin hat in diesem Zusammenhang bisher leider keine Vorreiterrolle eingenommen. So ist die Stadt zwar Nutznießerin einer dynamischen und sichtbaren Graffiti-Szene, hält aber diese Kunstform weitgehend aus einem breiteren kulturpolitischen Diskurs heraus. Dagegen hat zum Beispiel die Stadt München gerade eine entsprechende Stelle geschaffen, die sich der oben beschriebenen Aufgaben annimmt. Es wäre kultur-, wirtschafts- und auch rechtspolitisch sinnvoll, wenn Berlin hier gleichzöge.

Berlin, den 16.06.2015

Magalski Delius
und die übrigen Mitglieder
der Piratenfraktion